In Die Nacht Hinein (Kapitel #9) Black Pages Banner
Alex "Sal" Luerken <s.a.l.@gmx.net> https://members.tripod.com/~Barogue)posted ??.??.9?

Tulai wartete einen Block entfernt vom Armadillo in einem Häusereingang und beobachtete aufmerksam die Straße und den vorbei fließenden Verkehr. Eine Gruppe von Gangern in schwarzen und goldenen Farben beäugte ihn vorsichtig von der anderen Straßenseite. Ein großes verschnörkeltes BR zierte den Rücken ihrer Lederjacken. Black Rains. Von ihnen war kein Ärger zu erwarten. Tulai war ein Freund ihres Anführers. Und keiner von ihnen würde den Mumm haben, Mann gegen Mann, gegen ihn anzutreten. Er nickte eine kurze Begrüßung, woraufhin die Ganger sich ein anderes Ziel suchten, daß ihrer Aufmerksamkeit bedurfte.

Ein schwarzer TCA Multivan bog um die Ecke und fuhr langsam an ihm vorbei, um kurz darauf vor dem Armadillo zu halten. Niemand stieg aus. Tulai glitt aus dem Häusergang und ging in Richtung des schwarzen Lieferwagens. Er klopfte zweimal an die Seitentür. Die Tür schob sich zur Seite und er sah Static vor seinen Kontrollen in seinem gepolsterten Stuhl sitzen. Er war leichenblaß, sein Gesicht fahl. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Der Boden unter seinem Sitz war voller Blut. Sein Bein sah schlimm aus, der Stoff seiner Hose hatte sich mit Blut vollgesogen.

"Hoi, Tulai. Ist halb so schlimm", begrüßte Static den Ork mit schwacher Stimme.

"Das sehe ich. Du mußt nicht den Harten spielen, Mann. Ich weiß, wie höllisch die Wunde schmerzen muß."

"Steig ein. Die anderen müßten auch gleich kommen."

Tulai war im Begriff in den Wagen zu steigen, als dieser von einer Explosion aufbockte. Die doppelte Hintertür flog knirschend auf. Funken sprühten. Static wurde von seinem Sitz geworfen und gegen den Fahrersitz geworfen. Von der Wucht der Explosion wurde Tulai zurückgeschleudert. Er blickte die Straße hinunter und registrierte aus den Augenwinkeln ein schweres Motorrad vom Typ Harley Scorpion knappe 50 Meter entfernt. Der Fahrer war in schwarzes Leder gekleidet. Und was er noch sah, ließ seine Chancen erheblich sinken. Aus einem Rohr unterhalb des Lenkers schoß etwas heraus und in Richtung des Vans. Tulai schrie. Es war zu spät, um Static aus dem Lieferwagen zu ziehen. Er rappelte sich vom Boden auf und sprintete weg vom Lieferwagen, der wenige Augenblicke später sich in einem riesigem Feuerball erhob. Tulai wurde erneut von der Wucht der zweiten Explosion von den Beinen geholt und in ein Schaufenster geschleudert.
Er landete zwischen gebrauchten Telekoms, Toastern und anderen gebrauchten Elektrowaren. Sein Kopf schmerzte. Ein schrilles Pfeifen in seinen Ohren machte ihn fast taub, erschwerte seine Orientierung. Mühsam richtete er sich auf. Tulai hörte wie ein Motorrad sich dem Laden näherte. Schneller stolperte er tiefer in den Laden hinein. Der Besitzer, ein grauhaariger Japaner mit einem immens langem Kinnbart zeterte ihn an, er solle verschwinden. Das war eine verdammt gute Idee. Er hatte überhaupt nichts dagegen einzuwenden.

Tulai lief in Richtung des Tresens, als das Stakkato einer Minigun anfing und das Inventar in Schutt und Asche legte. Er spürte mehrere Geschosse gegen seinen Rücken prallen, die ihn nach vorne stolpern ließen. Der Japaner wurde mehrfach getroffen und gegen ein Regal hinter dem Verkaufstresen geworfen. Der Geruch von Blut und Kordit stand in der Luft vermischt mit dem ständigen Wummern der Minigun und herumfliegender Splitter.
Tulai bekam weitere Schläge gegen den Rücken. Einer traf ihn unterhalb der Schulter. Weitere in den Beinen. Er versuchte weiter, Schritt für Schritt wegzukommen, doch seine Beine versagten ihren Dienst und er schlug hart auf dem Boden auf. Stechende Schmerzen durchzuckten seinen Körper. Seine Beine waren taub. Mühsam und unter Qualen drehte er sich auf den Rücken und schaute in die Augen eines Jungen.

Er sah wenig älter als zwanzig aus. Sein Gesicht sprach von purer Unschuld. Bedauern lag in seinen Augen, als er einen großkalibrigen Revolver auf Tulai richtete. Tulai versuchte verzweifelt von dem Jungen weg zu robben. Der Lauf der Pistole folgte seiner Bewegung.

"Bring' es hinter dich, du Penner", schrie Tulai ihn an, "worauf wartest du?"

Tulais Kopf ruckte nach hinten, als die Kugel einen Kanal durch sein Gehirn bohrte. Das Echo des Schusses hallte durch den Laden. Die Pistole verschwand in einem Schulterhalfter. Glas knirschte unter seinen Motorradstiefeln, als er über die Trümmer des Inventars zu seiner Harley ging. Er setzte sich den schwarzen Motorradhelm auf, bestieg die schwere Maschine. Die Straßen waren vom Ausbruch der Gewalt wie leer gefegt. Es war besser für die Menschen, die hier lebten Ärger aus dem Weg zu gehen. Und er bedeutete Ärger. Es war keine weise Entscheidung sich mit ihm anzulegen.

Dröhnend erwachte die Harley zum Leben. Er spielte mit dem Gashebel. Mit quietschenden Reifen schoß er nach vorne, weg vom Schauplatz der Verwüstung.
Es war eigentlich zu einfach gewesen, dachte Owen.