Time To Quit | |
Alex "Sal" Luerken <s.a.l.@gmx.net> | https://members.tripod.com/~Barogue)posted 08.05.98 |
Eine wichtige Frage fehlt, meiner Meinung nach, in den 20 Fragen im Grundregelwerk. Während die Fragen einen guten Überblick darüber geben (sofern man sie beantwortet), warum ein Charakter Shadowrunner geworden ist, fehlt doch eine Frage, nämlich wann ein Charakter sein Ziel als Runner bewältigt hat, wann Zeit ist mit der Runnerei aufzuhören.
Das Missen dieser Frage wurde mir erst vor kurzem bewußt, als eines Abends einer meiner Spieler, sage und schreibe fünf Millionen (die Zahl mit den sechs Nullen hinter der Fünf) bei einer kleinen Wette gewonnen hatte.
Um die Geschichte etwas auszuschmücken, die Gruppe wollte zur Entspannung einen angenehmen Abend im Casino verbringen, ein bißchen Geld verlieren oder gewinnen, eben die Freuden des Lebens genießen. Tex, der glückliche Gewinner, begann zunächst beim Roulette etwas Geld zu verlieren, mit etwas Geld sind etwa 30.000¥ gemeint, die er nach anfangs kleinen Einsätzen in nur 5 Spielen verloren hatte. Eine Viertelstunde später hatte er 50.000¥ Schulden bei einem wohlhabenden Spieler, weitere 5 Minuten danach war sein Schuldenberg bereits nach einer kleineren Pechsträhne auf 100.000¥ angewachsen, als folgendes passierte.
Ich weiß immer noch nicht, welches Schwein mich zu diesem Zeitpunkt geritten hatte. Ich vermute die folgende
Szenerie ist mangelndem Schlaf und erhöhtem Kaffeekonsum zuzuordnen. Jedenfalls lud der wohlhabende Spieler
Tex zu einem, kleinen Spiel ein, nachdem er ihm eine frische Ritualprobe in Form von abgezapftem Blut entnommen hatte.
Beide würden aus einem 52er Kartenspiel ziehen, wobei der Einsatz wie folgt aussah. Der Spieler setzt 100.000¥
(Tex's Schulden) und Tex sein Leben ein. Ihr habt vollkommen richtig gelesen, Tex würde sich eine Kugel durchs Hirn
jagen, wäre seine Karte die niedrigere. Tex zog, der Spieler zog...und Tex hatte eine 8 der Spieler eine 7.
Glück gehabt.
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich eigentlich Tex würde aufhören, schließlich war er einmal mit dem Leben davongekommen und das nur mit Glück. Der Spieler schlug eine weitere Runde vor, und erhöhte seinen Einsatz auf 500.000¥, während Tex's Einsatz der gleiche bleiben sollte. Und Tex gewann mit einer 6 gegen eine 4.
Schon wieder Glück gehabt.
Und wie ihr euch wohl schon denken könnt. Tex willigte auch beim dritten Spiel bei einem Einsatz von 5.000.000¥ ein und gewann. Ich muß dazu anmerken, daß Tex zu diesem Zeitpunkt schon einige Karmapunkte schwer war und nicht mehr leichtsinnig von seinem Spieler geopfert worden wäre(12 Seiten Lebenslauf binden sehr stark, würde ich sagen). Aber es geht nicht, um das freiwillige Opfer des Spielers, daß er in großen Lettern vor Augen hatte, sondern rein, um die Summe, die in noch größeren schwarzen Zahlen auf seinem Ebenholz-Kredstab steht. Tex war mehrfacher Millionär mit einem neuen Handicap Spielsucht.
Der Abend war ein wahrer Spaß und Tex's Spieler offenbarte mir nachher, daß er selten so um einen Charakter gezittert hatte, abgesehen von den schweißnassen Händen, die er während des ganzen Abends hatte. Doch mein Problem an der Sache sind nicht, die fünf Millionen, sondern der Fakt, daß in Tex's Lebenslauf steht, daß er Shadowrunner geworden ist, des Geldes wegen. Der schnöde Mammon regiert sein Denken, und da stellt sich mir die Frage, ob 5.000.000¥ nicht genug des Mammons sind, um gepflegt seinen Lebensabend bestreiten zu können.
Ich wüßte, daß ich mich mit 5.000.000¥ auf dem Konto mit Sicherheit zur Ruhe setzen und auf gar keinen Fall meinen
Arsch für ein paar lausige Tausender hinhalten würde. Die Zeiten wären vorbei, vor allem unter dem Gesichtspunkt,
daß Geld mein Beweggrund dafür war meinen Allerwertesten als Zielscheibe hinzuhalten.
Ich an Tex's Stelle hätte mich abgesetzt und ein ruhiges Leben begonnen, allerdings hat Tex nicht viel von seinem
Geld gehabt, abgesehen von einem 3.500.000¥ teuren Luxusapartment und einem 500.000¥ teuren Sportwagen Insofern
bleiben ihm "nur" noch 500.000¥ zum Leben, nachdem er einem Runnerkollegen eine halbe Million schenkte und sein Weg
in die Schatten auf der Suche nach dem Geld für eine entsprechende Einrichtung ist auch weiterhin relativ plausibel geebnet,
aber trotzdem denke ich ist sein Ziel nahe der Vollendung.
Ich denke einfach, jeder Runner sollte ein Ziel vor Augen haben, daß seine Aktivitäten in den Schatten rechtfertigt, da nur wenige so verrückt sein können und ein Leben in Gefahr als das Richtige, als das Optimum wählen.
Hier nur ein paar Gründe anzufangen und aufzuhören.
Geld - Dem Runner sollte eine genaue Summe vorschweben, die ihm seiner Meinung nach ein Leben in der Form ermöglicht, um sich zur Ruhe zu setzen. Vielleicht reicht im ein schickes Haus auf Hawaii oder ein 200 m² Apartment in der Renrakuarkologie. Ein dickes Aktien- und Immobilienkonto gewähren auch einen ruhigen Schlaf. Oder warum nicht eine kleine eigene Werkstatt für einen Rigger?
Seinen Ruf rein waschen - Ist dem Runner übel zugespielt worden und sein Ruf in der gesamten Welt ist nicht mehr der beste. Ein kleiner Sararimann, dem ein anderer Konzerngünstling größere Steine in den Weg gelegt hat, so daß er in die Schatten abtauchen mußte, wäre spätestens dann zufrieden, wenn sein Widersacher seiner gerechten Strafe zugefügt worden ist und er wieder ein normales Leben außerhalb der Schatten führen kann. Doch kann allein nach der Bestrafung sich ein normales Leben aufzubauen ein weiterer Grund sein, die Hilfe der Schatten zu suchen.
Wissen
- Ein Beweggrund, der eigentlich nie ein Ende einer Runnerkarriere herbeiführen kann, denn wann hat der Runner eigentlich
genug Wissen angehäuft, daß es ihm ausreicht, um aufzuhören.
Vielleicht ist es aber auch nur der Wunsch zu wissen, wer die leiblichen Eltern waren, wer hinter irgendeinem Komplott steckt,
in das der Charakter unfreiwillig hineingeraten ist oder wer seinen Vater, seine Mutter oder irgendjemand anderen aus seiner
Familie auf dem Gewissen hat. Viele, viele Möglichkeiten ein Ende des gefährlichen Lebens zu erzielen.
Rache - Wer hat den Runner in seine momentane Lage gebracht, wer ist Schuld an seinem jetzigen Leben und wann wird es der Runner schaffen sein Werk der Rache zu vollenden. Rache an Renraku für eine häßliche Arkologie in Seattle? etc. etc.
Macht - Macht über wen oder was. Will der Runner einen Konzern in die Knie zwingen, indem er Dreck über die Machenschaften des Konzerns ausgräbt. Macht in Form von Einfluß in der großen (Konzern-)Politik?
Adrenalin - Der Charakter liebt die Gefahr? Vielleicht wird er irgendwann einsehen, daß die Gefahr ihn zu verschlucken droht und er nicht mehr seinem Actionleben gewachsen ist.
Zwang - Hat die Mafia oder Yakuza den Charakter in seinen eisigen Klauen gefangen und wird der Charakter versuchen eher zu entkommen oder die Geflogenheit seiner "Familie" für sich zu nutzen und einen Aufstieg in der Organisation versuchen.
Jeder Punkt kann beliebige Anfangs- und Endbedingungen für ein Leben in den Schatten darstellen, mit Sicherheit gibt es hundert weitere. Flexibilität und Phantasie sind bekanntlich keinerlei Grenzen gesetzt. Und es wird Zeit für mich für heute aufzuhören.