Charaktererschaffung, einmal ganz anders ?? Black Pages Banner
Alex "Sal" Luerken <s.a.l.@gmx.net> https://members.tripod.com/~Barogue)posted 24.11.97

Ich möchte in diesem Artikel einmal meine Version der Charaktererschaffung vorstellen, die sich in meiner Rollenspielgruppe bereits erfolgreich bewährt hat. Es geht darum, die Spielercharaktere realistischer (eigentlich totaler Schwachsinn, wo es in einer Phantasiewelt nicht unbedingt um Realismus geht) darzustellen, ihnen mehr Leben einzuhauchen etc.
Anmerkung: Wer dies bereits so handhabt, kann nun gerne weiterblättern.

Schritt 1:
Zunächst einmal setze ich mich mit jedem einzelnen Spieler zusammen und frage ihn über seinen "neuen" Charakter aus, was er für ein Typ ist, was er gerne mag und wie er sich in meiner Kampagne zurechtfinden wird (nur zu meiner eigenen Belustigung, da der Charakter eh in eine völlig andere Richtung gehen wird).

Schritt 2:
Anfangend mit seiner Geburt erzählt mir der Spieler, was sein Charakter so alles in seinem bisherigen Leben erlebt hat, war er in einer Schule, hatte er viele Freunde, wie stand er zu seinen Eltern etc. etc. etc., eben alles Fragen, was uns als Spieler selber in unserer Kindheit, Jugend etc. widerfahren ist. Daraus wird der Spieler eine meist sehr interessante Story spinnen, die mehr und mehr Formen annimmt und seinen Charakter zu einem Individuum in der Rollenspielwelt machen wird.
Anmerkung: Der Spieler wird natürlich versuchen seinen Charakter möglichst positiv auszustatten und ihn wieder zu einem totalen Helden formen, lassen sie im ruhig diese Freiheit, aber erinnern sie ihn immer wieder daran, daß jeder Fehler hat, jeder irgend etwas nicht mag oder mag, daß jeder seine positiven als auch negativen Seiten hat, was uns ja letztendlich erst die Persönlichkeit gibt, jemand individuelles zu sein.

Schritt 3:
Hat er seinen "Lebenslauf" bis zu seinem gewünschten Alter beendet (ich schreibe über Shadowrun, dementsprechend müssen meine Spieler auch noch die 20 Fragen im SR II V 2.01 S.47/48 beantworten), geht es zur eigentlichen Charaktererschaffung, nämlich Punkte verteilen. Der Spieler verteilt zunächst Punkte auf seine Attribute immer bezogen auf seinen Lebenslauf, wobei ich als Meister dort schon einigen Einfluß ausüben muß, da es immer wieder Spieler gibt, die z.B. meinen ihr Decker, der nie eine Hantel gesehen hat, müßte eine Stärke von 5 oder 6 haben (sie werden mir zustimmen, daß dies völliger Schwachsinn ist). Danach sind die Fertigkeiten dran, nach dem gleichen Prinzip versteht sich. Ebenso wird dann das verteilen der Ressourcen vorgenommen, wiederum bezogen auf den Lebenslauf (ihr Straßen - Sam sollte schon eine gute Begründung haben, warum er Cyberware im Wert von einigen Hunderttausend ECU mit sich rumschleppt). Der Lebenslauf bestimmt auch die Gaben und Handicaps eines Charakters, wobei hierbei durchaus viele neue Handicaps entstehen (mehr Handicaps in dieser und der nächsten Ausgabe).
Nun ist der Charakter fast fertig, abschließend darf der Spieler diesen Lebenslauf noch nach den 20 Fragen und seiner eigenen Phantasie weiter mit kleinen Begebenheiten ausstatten, ihm eben ein paar mehr kleine Macken und Fehler geben, seine Geschichte erzählen.

Hausregeln zur Charaktererschaffung:

Meine Spieler sind bei ihrer Charaktererschaffung nur "einigen" wenigen Einschränkungen ausgesetzt:
1. Keine Attribute, Zaubersprüche, Fertigkeiten (ohne Rassenmodifikatoren) über 5
2. Für jede 1 bei einem Attribut darf ein anderes auf 6 gesetzt werden
3. Keine Bioware und nur Ausrüstung unter Verfügbarkeit 6 (kein Milspec oder Security)
4. Kraftniveau ist 3/4 K und nicht 1/2 K
5. Decker-Utilities nicht über 5
6. Lebensstil darf nicht höher als Mittelschicht sein, es sei denn der Charakter liefert eine sehr gute Begründung dafür
7. Attribute dürfen höchstens um 2 Punkte gesteigert werden (auch über das Rassenmaximum, daher erlaube ich auch keine "Körperliche Schwäche" als Handicap (ein Decker mit Stärke 1 zu Beginn seiner Laufbahn hätte auf jeden Fall eine "Körperliche Schwäche (3))
8. 100 + 1w4 Aufbaupunkte und das Charaktergenerierungssystem aus dem Shadowrun Kompendium
9. Spätestens nach einem Monat "Echtzeit" erwarte ich von jedem Spieler einen ausgearbeiteten Lebenslauf, ansonsten gibt es für diesen Spieler kein Karma mehr(nada, nothing, nix, bis er schließlich einen geschrieben hat)

Einführung neuer Charaktere in eine bestehende Gruppe
Ich empfinde es als albern, daß sich die Spieler in einem Rollenspiel , besonders in der apokalyptischen Welt von Shadowrun, sobald sie sich das erste Mal begegnen wie gute Freunde verstehen sollen, niemand von uns ist jeder Person, der er auf der Straße begegnet sofort freundlich gesinnt. D.h. die Spieler sollen ruhig einige Zeit damit verbringen sich näher kennenzulernen, vielleicht können sie sich nicht ausstehen (im Rollenspiel natürlich). Ich versuche stets zu vermeiden, daß die einzelnen Spieler zu Beginn eines neuen Lebens alles von den anderen wissen, nach und nach werden sie mehr und mehr von ihren Mitspielern erfahren. So wird allein das Kennenlernen der einzelnen Spieler zu einem eigenen Abenteuer.
Es gibt übrigens einige Spieler in meiner Gruppe, die vor lauter Rollenspiel schon einmal einen Mitspieler umgelegt oder verprügelt haben (dies sollte natürlich nicht unbedingt in ein sinnloses Niedergemetzel neuer Charaktere ausarten).