Besser als der Rest #2 Black Pages Banner
Alex "Sal" Luerken <s.a.l.@gmx.net> https://members.tripod.com/~Barogue)posted 19.12.97

Tu was

Es ist ein gutes Jahr her, seit ich das letzte Mal vor und nicht hinter dem Meisterschirm gesessen haben (die meiste Zeit verlangen ein paar Psychopathen, die mich gefesselt und geknebelt haben, ihre Gruppe zu meistern), aber während dieser Zeit muß sich einiges verändert haben oder mein Langzeitgedächtnis beginnt aufgrund stetigem Mensaessen langsam vor sich hin zu verwesen. Es geht um die schönen Momente im Leben eines jeden Meisters, wenn seine Spieler schon wieder nicht das tun, was er sich ausgedacht hat oder einfach nur fragend aus dem Fenster, Zimmer (passendes einsetzen ______________) starren und nichts tun. Wenn ich jetzt wirklich kräftig nachdenke, war ich damals genauso dämlich bzw. habe gar nicht gehandelt, aber zumindest hoffe ich, falls ich mal wieder in den Genuß komme, meinerseits einen Meister zur Weißglut zu treiben, daß ich dann nicht darstehen werde, das große, mit rotem Edding™ gemalte, Fragezeichen auf der Stirn und lediglich etwas wie:"Eh, mmhh, na, ach, äääääh, nein ......." stammele. Dreimal auf Holz geklopft, soll bekanntlich helfen.

Aber es geht nicht nur um diesen einen Punkt, es geht um vielmehr. Ich kann nicht für jeden SM (SM ist eine schöne Abkürzung, hört sich irgendwie nach s***m*** an) sprechen, aber in meiner Runde, nicht das ich das Problem schon erfolgreich gelöst habe, wird nach dem Konzept gespielt, daß generell alles möglich ist. Es gibt keinen festen Handlungsstrang, dem die Spieler folgen müssen, keine festen Abläufe und vor allem, keine geplanten Runs. Nicht die Spieler vernachlässigen die Planung eines Runs, das ist meine Aufgabe, diese zu vernahclässigen. Ich denke jeder kennt das, jeder der anfängt zu meistern oder dies noch nicht lange macht, kennt folgende Situation.
In nächtelanger Arbeit und nach dem Verlust horrender Geldmengen in Form von Nahrung und Alkohol steht das fertige Produkt dar. Ein Run. Ein echter, niegelnagelneuer Run. Mit allem Drum und Dran. Man hat sich die Mühe gemacht und Gebäudepläne gezeichnet, den gesamten Plot aufgeschrieben, die NPC und ihre Werte schlummern nach liebevoller Ausarbeitung unter Zuhilfenahme der Charaktererschaffungstabelle (ziemlich langes Wort) in einem extra dafür vorgesehenem Ordner und man schläft seelenruhig auf dem gerade vollbrachten Werk ein. Kommen wir zur Phase ZWEI. Man packt seine Sachen, schleppt sich mit Doppelzentner schweren Büchern zum Spielen, immer noch den Plot im Kopf und nach eventuellen Fehlern suchend und fährt los. Kommt an, packt aus und beginnt den Run mit seinen Spielern anzugehen. Und was passiert.
Nichts.
Wenigstens garantiert nicht das, was man sich vor wenigen Stunden noch aus den Fingern gesogen hat und im Schweiße seines Angesichts zu Papier gebracht hat, was man mit eigenem Blut geschrieben hat. All diese schönen Plätze, die man in den kleinsten Details beschrieben hat. Eben all das, was Mühe bereitet hat, ignorieren die Spieler. Da paßt ihnen das Entgelt für den Run nicht, oder das Ziel stimmt nicht, oder die Socken des Johnsons passen nicht zu seinem Anzug. Auf jeden Fall, die ganze Mühe war umsonst. Weitere Möglichkeiten wären, daß die Spieler, den Plot bzw. die Erfüllung ihres Auftrags auf eine ganz andere Art erfüllen und man steht dar, wie der Ochs vom Berge (was macht der Ochs eigentlich vor dem Berg, wer mir darauf Antwort geben kann, möge mir eine Mail schicken) und weiß nicht mehr ein noch aus.
Ich habe es vor langer Zeit aufgegeben, jeglichen Unfug auszuarbeiten, denn meistens bleibt die Hälfte der Ereignisse ungespielt oder verstaubt irgendwo in dunklen Ecken. Denn Spieler sind niemals berechenbar, NIEMALS, vielleicht im nächsten Jahrhundert, aber unter Garantie nicht in diesem. Ein Ausweg aus dem Dilemma wäre, die Spieler in die gegebene Gradlinigkeit des Runs hineinzuzwängen, jedoch kann man dann auch mit sich selber spielen, da die Charaktere bestimmt keine Eigeninitiative an den Tag legen werden, kaut man ihnen jeden Bissen in kleinen Stücken vor. Was auch nicht Sinn eines Rollenspiels ist. Daher habe ich meist, wenn ich zum Spielen unterwegs bin, nur eine kleine Vorstellung (oder keine) davon, was meine Spieler heute erleben werden. Es hängt vollkommen von ihnen ab. Kümmern sie sich um einen neuen Auftraggeber oder verbringen sie lieber ihre Zeit mit Pokern und Saufen. Jeder ist ein freier Mensch und warum sollte ein Schattenläufer nicht auch über seinen Tagesablauf frei entscheiden können.
Natürlich habe ich ein bis zwei Runs in petto, jedoch selten richtig ausgearbeitet oder gar aufgeschrieben. In meinem Ordner fliegen viele wilde kleine Zettel herum, auf denen meine Ideen stehen. Finden die Spieler einen Johnson,. Gut, dann greife ich in meine Wundertüte(Ordner) und zaubere eine Idee heraus und improvisiere den Rest. Wie gesagt die Handlung bestimmen die Spieler, nicht ich. Ich bin vielmehr lediglich das Auge der Spieler und beschreibe was sie sehen, Arme, Beine und der ganze Rest gehören den Spielern, also sollen sie auch damit agieren. Ich will nicht behaupten, daß dies die beste Methode ist, seine Spieler zu unterhalten, aber bis zu diesem Moment trägt sie Früchte und hat mich noch nicht enttäuscht. Es kommt zwar ab und an zu kleinen Ungereimtheiten, aber die sollte man als allwissender, gottähnlicher SM meistern können.

Tu endlich was

Kommen wir zum ersten Punkt zurück.
Ein weiterer oben erwähnter Aspekt an dem Phänomen SPIELER ist ihre rudimentär in den Genen (vielleicht sind es Metagene und die Magie wird dies schon richten) veranlagte in Schüben auftretende Lethargie oder besser gesagt Unfähigkeit zu handeln. Es ist wahrscheinlich der kleine Pappkarton der meine Sichtweise von denen der Spieler trennt. Aber kennt man das nicht. Ein wildes Feuergefecht. Keine der Parteien schenkt der anderen auch nur einen Meter und alles, was die Spieler sagen, sobald ihre Handlung an der Reihe ist. Ich komme aus meiner Deckung kurz, nur kurz hoch, und schieße auf den Bösewicht und ducke mich dann wieder hinter meiner Deckung."
Na, wie spannend, wenn jeder Actionfilm so ablaufen würde, wäre ich Dauergast in der Heimatfilmvorstellung. Mal ehrlich, jeder von uns hat einige, wenn nicht viele, einschlägige Actionfilme gesehen oder davon gehört. Und das einzige, was kein guter Actionheld macht ist, aus seiner Deckung hervor zugucken und einen Schuß abzugeben und sich erneut hinter der Deckung zu verschanzen. Oder ich habe die falschen Filme gesehen. Meiner Meinung nach, sollten Feuergefechte oder allgemein Kämpfe in Rollenspielen, das pure Adrenalin wiedergeben. Man muß den Schweiß und die Angst, das Cordit in der Luft, das Peitschen der Schüsse förmlich riechen und hören können. Feel the fight. Warum nicht z.B. sich kurz umsehen und den Fernseher in der Wohnung in Richtung der Gegenpartei schmeißen oder den Gegner mit Granaten eindecken, bis er eine Transportfirma für Granaten aufmachen könnte. Nein, der normale Spieler schmeißt eine Granate, kommt einmal hoch und schießt einmal. He, ich hab gute zehn Schuß in meiner Bleispritze und die soll der Bösewicht auch bekommen, alle auf einmal. Wozu bräuchte ein normale Spieler eine Tausender - Box Muni ?
Ausgehend von seinem Verhalten in Feuergefechte würden 100 Schuß für den Rest seines Lebens vollkommen genüge tun. Genauso eine Kneipenschlägerei. Warum sich an dem großen Kerl, die Finger brechen, wenn ein gut gezielter Schlag mit dem Tisch oder einem Stuhl einen weitaus größeren Effekt erzielt. Meine Spieler haben durch die lange Zeit ihres Martyriums mit mir als Meister gelernt, daß sie alles tun können, wenn sie nur wollen. Ihrer Phantasie und auch meiner sind keine Grenzen gesetzt. Weiterhin weiß oder ahnt jeder Spieler aus meiner Gruppe, daß es nicht mein erklärtes Ziel ist jeden möglichst schnell und hart unter die Erde zu bringen.
Denn A: ich mache mir viel zu viel Mühe mit den Spielern Charaktere zu erschaffen (siehe auch Charaktererschaffung)
und B: irgendwann, nach dem dritten oder vierten Charakter, der Luzifer besuchen gegangen ist, verläßt jeden Spieler der Mut und er widmet sich wieder dem netten Spiel mit den kleinen, unterentwickelten Aventuriern.
Ergo, würde ich dann nach einiger Zeit alleine darstehen, und das wollen wir ja nicht. So lautet meine Devise dann auch: Hart und fair muß es sein.